Es gibt kaum ein Unternehmen der Automobilbranche, das nicht unter dem Konjunktureinbruch leidet. Transpofix aber profitiert – weil seine Innovationen Geld sparen helfen.
BERCHING. Gäbe es die Globalisierung nicht, bräuchte es die Produkte von Transpofix nicht – und befände sich die Automobilindustrie nicht in einer Krise, wären die Erfindungen von Firmenchef Willibald Hergeth nicht gefragt. Denn das Unternehmen mit rund 50 Beschäftigten im Gewerbegebiet Erasbach bei Berching (Lkr. Neumarkt) entwickelt und produziert innovative Verpackungen für die Luftfahrt- und Automobilindustrie.
Wer nun das Bild von mit Folien und Pappe verschnürten Teilen vor Augen hat, kann diese Vorstellung schnell vergessen. Denn von der Lenkung bis zum Himmel eines Autos, vom leichten Schweller aus Kunststoff bis zum schweren Getriebe aus Stahl – alle Teile aus der Zulieferindustrie werden in der Kfz-Produktion von Robotern aufgenommen und eingesetzt. Und ein Roboter kann keine Pakete auspacken.
Deshalb entwickelt Willibald Hergeth zusammen mit seinen fünf Ingenieuren individuelle Transportboxen aus Stahl, mit Innenverstrebungen und Stabilisierungselementen aus Kunststoff, damit selbst Heckscheiben ohne einen Kratzer durch ganz Europa oder nach Amerika transportiert werden können. Die Boxen lässt Hergeth in seinem Stahl-Werk in Polen herstellen, wo er etwa 300 weitere Mitarbeiter beschäftigt. Die Kunststoffkomponenten stammen aus Erasbach.
Bis vor fünf Jahren waren alle Verstrebungen der unterschiedlich großen Stahlbehälter verschweißt. Wenn eine Automarke wie BMW, Audi, Opel, Fiat oder GM – die alle zu Hergeths Kunden gehören – ein Fahrzeug einem Facelift unterzogen und Bauteile Form und Maße verändern, wurden die Stahlboxen entsorgt – und das bei 30000 bis 40000 verschiedenen Bauteilen pro Fahrzeugtyp. „Diese Kosten haben früher noch keine Rolle gespielt“, sagt Hergeth.
Als Transpofix jedoch begann, Behälter anzubieten, deren Innenverstrebungen zwar genauso bis auf den Zehntelmillimeter exakt gebaut, aber nur verschraubt – und durch Re-Engineering wiederverwertbar sind, entpuppte sich die Neuerung als Verkaufshit. Und Hergeth bindet dadurch die Kunden an sich. Allerdings hält sich die Zahl direkter Konkurrenten in Grenzen: In Deutschland gebe es noch einen Mitbewerber, europaweit etwa 20. Doch Transpofix verstehe sich nicht als Lohnfertiger, sondern gehe mit eigenen Produkten auf den Markt.
Erst in diesen Tagen hat das allerneueste Produkt von Transpofix den Segen des TÜV erhalten, worauf der Firmenchef besonders stolz ist: das Industrie-Shuttle. Es soll Produktionshallen frei vom Gabelstapler-Verkehr machen. „Gerade in der Wirtschaftskrise lassen sich dadurch Zeit und Geld sparen.“
Das Industrie-Shuttle ersetzt mehrere Gabelstapler, da mehrere Transportboxen und Paletten in seinen zugähnlichen Anhängern befördert werden und es von zwei Seiten be- und entladen werden kann. „Obwohl wir noch gar nicht mit der Werbung begonnen haben, haben wir schon 300 Sätze verkauft.“ An der Entwicklung waren seit 2008 neben Hergeth selbst, der Ingenieur für Wehrtechnik ist, drei Ingenieure beteiligt. Zur Vollendung aber hat den Shuttle Martin Hirschberger gebracht, der damals gerade erst am Ende seiner Lehrzeit war.
Denn der Teufel steckt im Detail: Alle Elemente sollten ohne Hydraulik und Elektronik auskommen, damit sie störungsfrei bedienbar sind. „Außerdem muss aus Sicherheitsgründen jedes Zugelement absolut spurtreu sein“, erklärt Hergeth. Dritte wichtige Voraussetzung: Der komplette Zug muss auf einem Radius von drei Metern wenden können.
Wie alle Transportboxen wurde der Industrie-Shuttle komplett per Computersimulation berechnet und entwickelt. „Man braucht ein gutes Vorstellungsvermögen und muss dreidimensional denken können“, sagt der 21-jährige Martin Hirschberger, der inzwischen übernommen wurde und bald die Technikerschule besucht.
Überhaupt arbeiten in Erasbach fast nur Leute, die bei Transpofix ausgebildet wurden. „Wir schaffen uns unser eigenes Know-how“, sagt Hergeth: Formenbauer, Werkzeugbauer, Entwickler. Einige Ingenieure leiht Transpofix beispielsweise nach Oxford aus, wo sie vor Ort Transportboxen entwickeln, die perfekt auf die Bauteile der neuesten Mini-Generation zugeschnitten sind.